GÖTTINGEN / NORTHEIM. SInd Netzwerke in der Gesundheitsbranche eine Modeerscheinung oder ernstzunehmende Reaktion auf sich verändernde Rahmenbedingungen? Dieser Frage widmete sich das Forum Göttinger Gesundheit, das mit Unterstützung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank am vergangenen Mittwochabend im Northeimer Hotel Freigeist seine Premiere gefeiert hat. Im Forum Göttinger Gesundheit, das künftig zweimal jährlich zum Austausch einlädt, sollen Gespräche regionaler Akteure im Mittelpunkt stehen, so Initiator Andreas Bosk. 70 Teilnehmer zog die Veranstaltung an, ein enormer Zuspruch, den Bosk sich auch für das nächste Forum wünscht, das bereits für den 25. Mai anvisiert ist.
"Wir alle werden älter, das Durchschnittsalter wird sich spürbar nach oben verlagern", markierte Bosk die Ausgangssituation. Veränderungen in der Gesellschaft und deren Struktur hätten Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Zudem gäbe es einen spürbaren Fachkräftemangel auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung. In zehn Jahren, so eine Studie, würden alleine in Deutschand 56.000 Ärzte und 174.000 Pflegekräfte fehlen. "Der Trend ist klar", so Bosk, und überließ das Rednerpult Prof. Dr. Cornelius Frömmel. Der Vorsitzende der Gesundheitsregion Göttingen e.V. und Vorstandssprecher der Universitätsmedizin Göttingen stellte klar, dass Netzwerke für den Informationsfluss zwischen medizinischen Dienstleistern und Bürgern notwendig seien. Allerdings müssten diese gut strukturiert sein.
"Wir sind alle nachdenklicher und in der Prophylaxe bewusster geworden", so anschließend Michael Wickmann, der als Landrat des Kreises Northeim die Teilnehmer begrüßte. Probleme auf dem Gebiet der Gesundheit entstünden künftig, wenn die Gesellschaft nicht umdenke: "Der Ansatz ist, gesünder, länger und aktiver zu leben." In den urbanen Gebieten habe sich dies bereits durchgesetzt. Um den Gedanken auch in den ländlichen Raum zu tragen, könnten Netzwerke Abhilfe schaffen.
"Die zunehmende Vernetzung macht es uns leichter zu kalkulieren", berichtete Elke Deppe, Geschäftsführerin des Sanitätshauses Deppe in Northeim, in einer anschließenden Diskussionsrunde aus ihrem Arbeitsalltag. Außerdem spare ein Netzwerk Kosten. Ähnlich sieht es Landrat Wickmann. "Wir vernetzen, um Abläufe zu vereinfachen und Vertrauen zu schaffen", sagte er. In den Helios Kliniken sei Netzwerken bereits gelebte Praxis, ergänzte Frank Wellmann. Die niedergelassenen Ärzte seien für ihn als Geschäftsführer der Helios Albert-Schweitzer-Klinik Northeim "unersetzliche Netzwerkparter", so Wellmann. Er brachte, wie auch Elke Deppe, darum ein onlinebasiertes Ärzteportal ins Gespräch.
Harald Jeschonnek, Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung, sieht das Bilden von Netzwerken gar als Zukunftsprojekt. Die Vereinigung setzt gemäß des Netzwerk-Gedankens auf Sprechstunden für Medizinstudenten. Mit dieser Veranstaltung, die sie einmal im Monat in der Universitätsmedizin anbietet, möchte sie einem Mangel an Hausärzten vorbeugen.
Die "Göttinger Gesundheit" entwickelt sich nicht nur mit dem neu aufgelegten Forum weiter. Neben der Messe selbst, die bereits zweimal in der Göttinger Lokhalle stattgefunden hat, werde man weitere Themen voranbringen, berichtete Andreas Bosk abschließend. Darunter auch ein ergänzendes Projekt zum betrieblichen Gesundheitsmanagement für Südniedersachsen.
Erschienen im Göttinger WirtschaftsDienst am 29. Oktober 2010.
Autor: Markus Hartwig
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